5 Jahre #MeToo: Wie ein Hashtag die Welt aufrüttelte

8 Okt

Als die "New York Times" am 5. Oktober 2017 den Artikel mit der Überschrift "Harvey Weinstein Paid Off Sexual Harassment Accusers for Decades" (deutsch:  "Harvey Weinstein bezahlte jahrzehntelang Frauen, die ihn der sexuellen Belästigung anklagten, für ihr Schweigen") veröffentlichte, konnte sie nicht ahnen, dass sie damit ein weltweites Medienphänomen auslösen würde. 

 

In dem Artikel legten die Journalistinnen Jodi Kantor und Mega Twohey dar, dass der Studio-Mogul Harvey Weinstein, Produzent zahlloser Oscar- und Hollywoodhits, jahrzehntelang Frauen sexuell missbraucht und belästigt hatte. Inzwischen demonstrieren Frauen auf der ganzen Welt gegen sexualisierte Gewalt, und Feministinnen fordern im Westen den Umbau des Systems.

Denn aus der Berichterstattung über Harvey Weinstein entstand die #MeToo-Bewegung: Dem Aufruf der US-Schauspielerin folgend, teilten Frauen in sozialen Netzwerken unter dem Hashtag "Me too" ihre Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt. Schon am ersten Tag wurde der Hashtag auf Twitter 200.000 Mal verwendet. Am nächsten Tag waren es schon mehr als eine halbe Million. #MeToo trendete in mehr als 85 Ländern und bekam Ableger in vielen anderen Sprachen. Geprägt hatte ihn die Menschenrecht-Aktivistin Tarana Burke bereits im Jahr 2006 im sozialen Netzwerk "My Space" im Umgang mit jugendlichen Opfern sexualisierter Gewalt. 


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Wie ging es weiter?

Fünf Jahre später sitzt Harvey Weinstein wegen Vergewaltigung im Gefängnis, verurteilt zu 23 Jahren Haft. Weitere Prominente wurden zu Haftstrafen verurteilt, zum Beispiel der US-amerikanische Schauspieler Bill Cosby. Auch der französische Fotograf Jean-Claude Arnault erhielt eine Haftstrafe, da er eine Frau vergewaltigt hat - ein Umstand, der die Schwedische Akademie, die alljährlich den Literatur-Nobelpreis verleiht und bei der seine Frau Mitglied war, in solche Schwierigkeiten stürzte, dass sie den Preis ein Jahr lang aussetzte.

Gemeinsam mit dem Journalisten Ronan Farrow gewannen Jodi Kantor und Mega Twohey für ihre Berichterstattung über Harvey Weinsteins Verbrechen den wichtigen US-amerikanischen Pulitzer-Preis für Dienste an der Öffentlichkeit.

Ihre Recherchen wurden von einem Hollywoodstudio unter dem Titel "She Said" (deutsch: "Das hat sie gesagt") sogar bereits verfilmt, unter Federführung der deutschen Regisseurin Maria Schrader.   

Weitere Forderungen 

Auch das Recht auf Abtreibung ist inzwischen ein Anliegen in der von #MeToo angestoßenen Debatte. In Deutschland wurde im Jahr 2022 der Paragraph 219a gelockert, das sogenannte Werbungsverbot für Schwangerschaftsabbrüche, dass es Ärztinnen und Ärzten unmöglich machte, auch nur auf ihren Internetseiten über den Eingriff zu informieren. Allein im Jahr 2022 fanden in Paris, Amsterdam und Kathmandu Demonstrationen für Frauenrechte unter dem Motto #MeToo statt.

Erfolge, aber auch Rückschritte

Parallel zum Erfolg der Bewegung lässt sich ein "Backlash" beobachten. Das Wort beschreibt ein einfaches Phänomen: Wann immer eine soziale Bewegung auf sich aufmerksam macht, sogar für Veränderungen sorgt - Entlassungen, Gerichtsurteile, auch Gesetzesänderungen -, entsteht eine Gegenreaktion. In den USA wurde 2018 der Jurist Brett Kavanaugh von ehemaligen Präsidenten Donald Trump als Richter an den Supreme Court, das oberste Gericht, berufen - obwohl ihm schwere Vorwürfe wegen sexueller Nötigung gemacht wurden.

Im Jahr 2022 nahm der US Supreme Court ein Gerichtsurteil aus dem Jahr 1973 (nach den Namen der klagenden Frau und dem Staatsanwalt als "Roe vs Wade" bekannt) zurück, das jahrzehntelang in den USA das bundesweite Recht auf Abtreibungen festgeschrieben hatte. Auch Ungarn verschärfte die Abtreibungsgesetzgebung. Und im selben Jahr führte der Gerichtsprozess um Amber Heard und ihren Ex-Mann Johnny Depp einer Weltöffentlichkeit vor Augen, dass Frauen, die sich mit Gewalterfahrungen an die Öffentlichkeit wagen, noch immer mit Häme und Verachtung begegnet wird.

Taten statt Worte

Während Frauen in Afghanistan und im Iran fünf Jahre nach #MeToo unter Einsatz ihres Lebens für ihre Menschenrechte eintreten, ruft die britische  Feministin Laura Bates im Westen dazu auf, nun  auf Worte Taten folgen zu lassen: In ihrem Buch "Fix the System, Not the Women" (deutsch: "Verändert das System, nicht die Frauen") mahnt sie dringenden Reformbedarf in der Justiz, der Polizei, der Politik, der Bildung und den Medien an.                            

Die Erkenntnis, dass es sich bei sexualisierter Gewalt gegen Frauen um ein weltweites systemisches Problem handelt, hat die #MeToo-Bewegung offengelegt. Laura Bates, die das "Everyday Sexism Project" gründete, fordert dazu auf, daraus die Konsequenzen zu ziehen: "Nichts wird sich ändern", schreibt sie im fünften Jahr nach dem Beginn der #MeToo-Bewegung, "solange wir nicht anerkennen, dass das Problem im System liegt und nicht bei den Frauen." 

 

Autorin Christine Lehnen

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