Disney: Live-Action-Remake von Arielle kommt ins Kino. Teil 2. Heute mit Warnhinweis: Dumbo, Dschungelbuch, Peter Pan

1 Jun

Disney arbeitet in seinen Produktionen mit dem stilistischen Mittel des Anthropomorphismus, in dem er menschliche Eigenschaften auf Tiere überträgt. Die Darstellung der Tiere reproduziert auf diese kulturelle Stereotype - oft von marginalisierten Menschen. 

 

Ein Beispiel unter vielen ist der Affe King Louis aus dem "Dschungelbuch". Durch den von ihm gesprochenen Slang sowie seine Vorliebe zum Jazz wird er als Afroamerikaner imaginiert. Der Affe als beleidigende Karikatur eines Schwarzen ist zudem eine bis heute sehr übliche rassistische Herabwürdigung. Im Disney-Filmklassiker "Peter Pan" (1953) sprechen die Ureinwohner Amerikas eine unverständliche Sprache und werden wiederholt mit der rassistischen Bezeichnung "Rothäute" belegt.

Disney geht das Problem an, indem nun Warnhinweise vor Produktionen älteren Herstellungsdatums wie "Dumbo", "Peter Pan" und "Aristocats" erscheinen: "Dieses Programm enthält negative Darstellungen und/oder eine nicht korrekte Behandlung von Menschen oder Kulturen. Diese Stereotype waren damals falsch und sind es noch heute." Mit solchen Einblendungen sollen Diskussionen angeregt werden, die eine integrative Zukunft ohne Diskriminierung ermöglichen sollen, so der Konzern. Doch reicht ein Hinweis zu Beginn eines Filmes aus?


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Kulturelle Aneignung - damals und heute

Von "kultureller Aneignung" ist die Rede, wenn Bestandteile einer Kultur - etwa geistiges Eigentum, kulturelle Ausdrucksformen, Artefakte, Geschichte oder Wissensformen - von Mitgliedern einer anderen Kultur übernommen und dabei aus dem Kontext gerissen werden. Dahinter verbirgt sich die Absicht, sie dem eigenen Geschmack entsprechend anzupassen und daraus Kapital zu schlagen. In der Disney-Filmografie finden sich mehrere Beispiele, in denen Elemente einer bestimmten Kultur aus Gründen der Unterhaltung verändert wurden. So hat etwa der Film "Pocahontas" kaum noch etwas mit der Ursprungsgeschichte gemein: Aus einem zehn Jahre alten Mädchen machte Disney eine attraktive, leicht bekleidete Frau, die sich in John Smith, einen englischen Abenteurer und Kolonialisten, verliebt.

Wenn es um das liebe Geld geht, sichert sich Disney lieber ab: Die Marke "Hakuna Matata" (Swahili für "keine Sorgen") zum Beispiel ließ sich der Konzern bereits 1994 schützen, als der erste "König der Löwen"-Film in die Kinos kam. Das US-Patent- und Markenamt gewährte die Eintragung der Marke im Jahr 2003 - und Disney druckte den Spruch auf T-Shirts. Der Aktivist Shelton Mpala startete daraufhin eine Petition und beschuldigte den Konzern, mit einer fremden Kultur Geld zu machen.

Disney hat seine Fehler mit der Zeit erkannt. Der Konzern versucht nun vermehrt, authentische Geschichten zu erzählen und nicht über, sondern mit den Menschen aus anderen Kulturen zu sprechen und zusammenzuarbeiten. So gründete Disney etwa die Plattform "Stories Matter", auf der das Unternehmen nicht nur über die neue Herangehensweise beim Filmemachen spricht, sondern auch über die alten Fehler. Der Kurzfilm "Reflect" (dt. "Reflexion") bricht Ende 2022 mit dem Körperideal des Dünnseins. Die Balletttänzerin namens Bianca ist eine der ersten mehrgewichtigen Hauptdarstellerinnen in einem Disney-Film. 

Lernprozess bei Disney

Ab Ende der 1990er-Jahre lässt sich bei Disney eine Art Neustart erkennen. Es war die Zeit, in der eine Menge Veränderungen im Konzern vorgenommen wurden, inklusive der Neubesetzung nahezu der gesamten Chefetage. Authentische Geschichten müssen erzählt werden - aber vor allem müssen sie richtig erzählt werden. Nun gilt ein Kooperations-Gebot. Für "Die Eiskönigin II" sah sich Disney gezwungen, vorher eine Abmachung mit Vertretern der Sámi-Bevölkerung zu unterzeichnen, deren Kultur als Grundlage für beide Filme diente.

Auch mit "Encanto" versucht Disney, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen: Um eine authentische Darstellung der Zenú (der kolumbianischen Völker an der Küste Kolumbiens, auf die sich der Film bezieht) zu schaffen, haben die Macher von "Encanto" eng mit Zenú-Künstlern und -Handwerkern zusammengearbeitet. Trotzdem werfen Kritikerinnen und Kritikern Disney bis heute den Ausverkauf ihrer Kulturen vor. 

Disney-Filme und der Sexismus-Vorwurf

Problematisch sind viele Disney-Klassiker auch aus feministischer Sicht. Besonders Arielle kommt unter feministischen Standpunkten nicht gut weg, denn sie stürzt sich, kaum dem strengen, patriarchal auftretenden Vater entkommen, in die Arme eines Prinzens, den sie kaum kennt. Um für ihn dann nicht nur ihre Herkunft, sondern auch noch ihre Stimme aufzugeben.

Nun ist in Sachen Sexismus nachweislich einiges passiert, die neuen Heldinnen von Disney dürfen seit einigen Jahren ihre Abenteuer ganz ohne Endziel Prinz (z.B. Moana) erleben, oder nehmen die romantische Vorstellung der Liebe zumindest aufs Korn (z.B. bei Eiskönigin Elsa). Seit den 2010er-Jahren gibt es auch homosexuelle Figuren im Disney-Universum (z.B. in Strange World 2022), auch wenn der Disney-Konzern in Sachen Repräsentanz der LGBTQ-Community auch hart in der Kritik steht.

Arielle könnte mehr - feministisch wie postkolonial

Immerhin bringt im Remake Arielle höchstpersönlich die Meerhexe Ursula (gespielt von Melissa McCarthy) zur Strecke, und muss nicht von Prinz Erik gerettet werden. Doch ansonsten hangeln sich die Macher des Remakes - wie man das inzwischen von den Remakes des Konzerns gewohnt ist - streng am originalen Drehbuch entlang. Zwar ist wird die Unterwasserwelt als eine Art Regenbogenfamilie inszeniert und über dem Meer sieht es sehr karibisch aus. Aber US-Regisseur Rob Marshall begnügt sich dann doch lieber mit mitreißenden Musical-Einlagen als mit doppelbödiger Gesellschaftskritik. 

Auch wenn sich viele afroamerikanische und afrodeutsche Familien mit Recht über die schwarze Meerjungfrau freuen dürfen: Das Potential, welches das Märchen von Andersen, die Legenden um Meerjungfrauen auf dem afrikanischen Kontinent oder die Zwei-Welten-Symbolik hätten, um die kleine Meerjungfrau feministisch oder gar postkolonial wirklich neu zu lesen, hat Disney nicht erkannt oder schlicht verstreichen lassen.

 

Autorinen: Julia Hitz, Rayna Breuer

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