Kino-Ikone Gina Lollobrigida stirbt mit 95 Jahren

17 Jan

Manchmal sprechen Filmtitel aus den 1950er-Jahren Bände: "Zwischen Liebe und Laster", "Fünf Mädchen und ein Mann", "Die Schönen der Nacht", "Untreue" und "Gefährliche Schönheit", schließlich: "Die schönste Frau der Welt" und "Wenn das Blut kocht". 

 

Die nächste Dekade der Filmtitel war aber auch nicht weniger ausdrucksstark: "Geh nackt in die Welt", "Fremde Bettgesellen", "Ergötzliche Nächte", "Nur eine Nacht, Chéri" und "Ein heißer November". 

Gerade in Deutschland stand die "Lollo" für Erotik

Zugegeben, einige dieser deutschen Filmtitel klingen im Original etwas harmloser. Aus "Alina" wurde "Zwischen Liebe und Laster", aus "A Tale of Five Cities" machten die deutschen Verleiher "Fünf Mädchen und ein Mann" und aus "La Provinciale" die "Gefährliche Schönheit". Das sagt auch viel über den prüden deutschen Filmbetrieb der 1950er- und 1960er-Jahre aus. Einige Filme, in denen es um Liebe und Begehren ging, wurden in Deutschland durch die Titelwahl zusätzlich in eine bestimmte Erwartungshaltung gelenkt.

Andererseits: Gina Lollobrigida, Protagonistin dieser Filme, galt zu ihrer Zeit als eines der größten Sexsymbole auf der Leinwand - anzügliche Titel hin oder her. Die USA hatten Jayne Mansfield und Marilyn Monroe, Europa antwortete mit Sophia Loren und Brigitte Bardot- und zuvor schon mit Gina Lollobrigida, die nun im Alter von 95 Jahren gestorben ist.


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Lollobrigida stand schon früh vor den Kameras

Mit der Loren focht die "Lollo", wie sie damals genannt wurde, einen unsichtbaren Kampf um den imaginären Thron des erotischsten weiblichen Filmstars des europäischen Kinos aus. Die 1927 östlich von Rom geborene Schauspielerin nahm schon als Dreijährige an einem Schönheitswettbewerb für Kinder teil. Auch später trumpfte Gina Lollobrigida vor den Fotokameras auf.

Die Regisseure in ihrer Heimat wurden schnell aufmerksam auf den attraktiven Teenager. Nach etlichen Statistenrollen folgten kleinere und dann immer größere Auftritte vor den Filmkameras. Mit dem französischen Schönling und Leinwandhelden Gérard Philipe war sie zu Beginn der 1950er-Jahre in "Fanfan, der Husar" und "Die Schönen der Nacht" zu sehen - das war der Durchbruch.

Diese Frau betörte von nun an die europäischen Kinozuschauer auf dem Kontinent. Lollobrigida faszinierte mit Temperament, Sinnlichkeit und einer gewiss von den Kostümschneidern noch betont kurvigen Silhouette.

Welterfolg als Esmeralda im "Glöckner von Notre Dame"

Die dunkle Schöne aus dem Süden Europas ließ vor allem die Herzen der männlichen Zuschauer im kühleren Norden höher schlagen. Das bemerkte auch Hollywood. Bereits ein paar Jahre später war sie auch in den USA bekannt. "Der Glöckner von Notre Dame" zeigte sie an der Seite von Anthony Quinn - ihr vielleicht größter Karriere-Erfolg war dann allerdings eine europäische Produktion.

Dass die "Lollo" nie einen Oscar bekam, darf man sicher nicht als Zeichen mangelnder Schauspielkunst interpretieren, auch andere Weltstars haben die kleine goldene Statuette nie erhalten. Trotzdem galt die Italienerin nicht als begnadete Darstellerin in Sachen Schauspielkunst. Sophia Lorens langjähriger Partner, der Filmproduzent Carlo Ponti, soll sie einmal als nur "mittelmäßige" Darstellerin eingestuft haben. Ein Urteil, über das man sicher streiten kann.

Die "Lollo" war ein Star des Unterhaltungsfilms

Ihrer Karriere tat das freilich keinen Abbruch. In den 1960er-Jahren absolvierte sie einen Filmauftritt nach dem anderen. In dem Jahrzehnt, das in vielen europäischen Ländern ästhetische Kino-Revolutionen hervorbrachte, verschrieb sich die Lollobrigida aber nur der Unterhaltung, was man schon an den Titeln ihrer Filme ablesen kann. Die meisten Filme mit der Diva aus jener Zeit sind heute vergessen.

Den Italienern war ihre Gina - eine Koseform von Luigina - heilig. Nicht zuletzt, weil sie neben Glamour auch Prinzipien hatte und deswegen die Schauspielerei Anfang der 1970er-Jahre aufgab. "Ich habe es abgelehnt, mich auszuziehen", erklärte sie später. Filmproduzenten hätten sie deshalb nicht mehr beachtet. 

Berlinale-Skandal 1986: Die Lollobrigida stand im Zentrum

Dem Filmbusiness kehrte sie aber nicht komplett den Rücken. Neben einigen sporadischen Filmauftritten in den 1970er- und 1980er-Jahren versuchte sie sich auch als Jurypräsidentin: in Toronto und auch bei der Berlinale.

Dort sorgte sie 1986 für einen gehörigen Skandal, als sie sich als Präsidentin des Gremiums nicht der Mehrheitsmeinung der Kolleginnen und Kollegen anschließen wollte. Weil ihr der RAF-Gerichtsfilm "Stammheim" des deutschen Regisseurs Reinhard Hauff so ganz und gar missfiel, ließ sie ihrem Unmut freien Lauf - für die Präsidentin einer Jury ein höchst fragwürdiges Benehmen - doch wohl auch Zeichen ihres großen Selbstbewusstseins und Behauptungswillens. 

Fotografin, Bildhauerin, Unicef-Botschafterin

Gina Lollobrigida wandte sich sehr erfolgreich dem Fotojournalismus zu, sie fotografierte unter anderem das brasilianische Fußballidol Pelé, Ronald Reagan, Paul Newman, Salvador Dalí und auch die deutsche Fußballnationalmannschaft. Auch drehte sie einen viel beachteten Dokumentarfilm über den kubanischen Revolutionsführer Fidel Castro für das italienische Fernsehen. Später machte sie sich als Bildhauerin einen Namen und engagierte sich jahrelang als Unicef- und Unesco-Botschafterin.

2013 machte Lollobrigida mit der Versteigerung eines Teils ihrer Schmucksammlung Schlagzeilen. Einen Teil des Erlöses in Höhe von 3,8 Millionen Euro spendete sie für die Stammzellenforschung. Sie engagierte sich zudem für Ärzte ohne Grenzen.

Unschöner Streit ums Geld und Entmündigung

Familiär kam es in den letzten Jahren zunehmend zu Konflikten. Die Diva soll auf ihre alten Tage ihrem Assistenten Andrea Piazolla erlegen gewesen sein. In einer Fernsehsendung sagte sie, Piazolla sei für sie wie ein Sohn und "mein großes Glück". Der Mann lebte mit seiner Frau und dem Kind bei der Seniorin - und habe Lollobrigida manipuliert, behauptete deren Sohn.

2021 bestätigte Italiens Oberstes Gericht ein Urteil, wonach fortan ein Vormund über Lollobrigidas Vermögen wachen sollte. Lollobrigida sah darin einen Komplott ihres Sohnes, den Kontakt zu ihm und zu ihrem Enkel brach sie ab. Die Diva selbst wirkte zuletzt erschöpft und verzweifelt. "In meinem Alter sollte ich eigentlich ein bisschen Frieden haben. Aber den habe ich nicht. Ich bin müde. Man sollte mich in Frieden sterben lassen", sagte sie als Show-Gast bei der italienischen Star-Moderatorin Mara Venier im Herbst 2021 mit zitternder Stimme. Nun ist die Filmdiva im Alter von 95 Jahren gestorben.

 

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