Nach Fall Walijewa: Mindestalter im Eiskunstlauf erhöht

15 Jun

Eiskunstläuferin Kamila Valieva aus Russland ist bei den Winterspielen gestürzt und hat seitlich ihre Hände aufs Eis gestützt. Sie will sich schnell aufrappeln, um ihre Kür fortzusetzen.

 

Die Zeit der sportlichen Ausbeutung von eislaufenden Wunderkindern wie Kamila Walijewa soll vorbei sein - durch eine laut Weltverbands-Präsident Jan Dijkema "historische Entscheidung". Das Mindestalter wird schrittweise von 15 auf 17 Jahre erhöht. Das gab die Internationale Eislauf-Union (ISU) bekannt. Diese Regelung gilt für Olympische Spiele, Welt- und Europameisterschaften sowie die Wettkämpfe im Rahmen der ISU-Grand-Prix-Serie. 

Niemand Geringeres als Katarina Witt hatte während der Winterspiele in Peking als TV-Expertin mit der Russin gelitten, geweint und ein Umdenken gefordert: Diese jungen Sportlerinnen, die von einer Trainerin wie Eteri Tutberidse zu Höchstleistungen gedrillt und womöglich auch gedopt würden, müssten geschützt werden, sagte Witt damals: "Ich hätte sie aus dem Fegefeuer herausgeholt und ins Flugzeug nach Hause gesetzt."

Walijewa war in Peking 15 Jahre alt und hatte sich mit Vierfachsprüngen in Serie in die Rolle der Top-Favoritin auf Gold katapultiert - bis ein positiver Dopingtest den schönen Schein enttarnte. Die Welt sah zu, wie Walijewa in der Kür stürzte und weinend vom Eis lief, wie Trainerin Tutberidse sie dafür mit einem Blick der Verachtung und beißenden Worten strafte. Das soll sich nicht mehr wiederholen, entschied der Weltverband. 

Klare Mehrheit für Anhebung des Mindestalters 

100 Länder stimmten bei 16 Gegenstimmen und drei Enthaltungen für die Anhebung der Altersgrenze: zunächst ab Sommer 2023 auf 16 Jahre, dann ab 2024 auf 17 Jahre. Die zweimalige Olympiasiegerin Witt, einst selbst ein Kinderstar, dürfte erleichtert sein. Die Frage, warum "15 und 16 Jahre alte russische Talente" mit "faszinierenden Ausnahmeleistungen gewinnen und dann für immer die Eisbühne des Leistungssports verlassen", beschäftigte sie. Den Grund dafür brachten Experten und Ärzte noch in Peking ans Licht. Vor der Pubertät seien insbesondere Mädchen wie Walijewa in der Lage, Drei- oder sogar Vierfachsprünge in Serie dank ihrer schmalen, leichten Körper aufs Eis zu zaubern.

Der zweimalige Ex-Europameister Norbert Schramm bezeichnete die ISU-Entscheidung als "Augenwischerei". Sie sei nur "ein erster Schritt", sagte der frühere Vize-Weltmeister, "aber ich glaube kaum, dass es etwas Positives für den Sport bewirken kann. Es reicht einfach nicht aus. 17-Jährige haben im Profisport nichts verloren." Er würde sich "eine Anhebung des Mindestalters auf mindestens 18, besser noch auf 21 wünschen", so Schramm.

Die Internationale Eislauf-Union hatte das Thema schon vor dem Skandal von Peking im Blick, doch erst der öffentliche Druck führte zu einer Entscheidung. "Die Stunde der Wahrheit ist heute", rief Generaldirektor Fredi Schmid den Delegierten vor der Abstimmung zu, "denn die Glaubwürdigkeit der ISU wird auf den Prüfstand gestellt. Die Medien und die Öffentlichkeit werden uns sehr genau beobachten. Vergesst das nicht!"

Große gesundheitliche Risiken 

Die medizinische Kommission des Weltverbandes lieferte wichtigere Argumente. Heranwachsende Sportlerinnen und Sportler, die durch stundenlanges Training zu Höchstleistungen gepusht würden, seien einem "höheren Verletzungsrisiko ausgesetzt", heißt es in einem Bericht der Kommission. Weitere schwerwiegende Folgen könnten Essstörungen und eine verzögerte Pubertät sein. Die Kinder "haben das Recht, sich in ihrer Jugend zu entwickeln", sagte Jane Moran, ein Mitglied der medizinischen Kommission: "Sie brauchen uns nicht, um zum Wettkampf gezwungen zu werden." Die Zeit der Wunderkinder ist vorbei.

 

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