Pritzker-Preis für britischen Architekten David Chipperfield

25 Mai

Das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland, der Praemium Imperiale, die Erhebung in den Ritterstand seiner britischen Heimat: Die Liste der Ehrungen ist so lang, dass es schon überrascht, dass der Pritzker Prize nicht längst in Sir David Chipperfields Regal steht. 

 

Das ändert sich nun, an diesem Dienstag (23.Mai 2023) hat der Brite in Athen die Auszeichnung erhalten, die inoffiziell als Nobelpreis der Architektur gilt. 1953 kam Chipperfield in London zur Welt, im Südwesten Englands wuchs er auf einem Bauernhof auf. Ursprünglich wollte er Tierarzt werden, doch als sein Vater einen anderen Hof in Ferienwohnungen umwandelte, war die Leidenschaft entfacht: Der junge David half seinem Vater und war fasziniert von den gestalterischen Möglichkeiten.

Dem Architekturstudium in London folgte Ende der 1970er-Jahre eine Anstellung im Büro von Norman Foster, ehe Chipperfield 1985 sein eigenes Büro unter dem Namen David Chipperfield Architects gründete. Heute hat das Architekturbüro Standorte in London, Berlin, Mailand, Schanghai und Santiago de Compostela.

Vor allem mit der Sanierung und Rekonstruktion von alten Gebäuden unter Berücksichtigung ihrer Geschichte und der Umwelt machte sich Chipperfield international einen Namen. Mehr als 100 Projekte in Asien, Europa und Nord- und Lateinamerika setzten seine Büros um, darunter die Sanierung der Prokuratien in Venedig, der Bau des Museo Jumex in Mexiko-Stadt und des Museums für moderne Literatur in Marbach.


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David Chipperfields besondere Beziehung zu Berlin

Während die Zahl seiner Arbeiten in Großbritannien überschaubar ist und Chipperfield spätestens seit dem Brexit mit seiner Heimat fremdelt, entstand eine enge Bindung an Berlin. 2009 sanierte er hier das im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstörte Neue Museum auf der Museumsinsel.

2019 eröffnete die von Chipperfield Architects geplante James-Simon-Galerie, das Besucherzentrum der Museumsinsel. Die Fertigstellung dauerte sieben Jahre länger als geplant. Da der Bau mit mehr als 130 Millionen Euro das Doppelte der ursprünglich veranschlagten Summe verschlang, war in Berlin schnell von der "teuersten Garderobe der Stadt" die Rede.

Von 2015 bis 2021 war das Büro in Berlin außerdem für die Sanierung der Neuen Nationalgalerie verantwortlich. Das 1968 eingeweihte Haus nach Plänen von Mies van der Rohe wies erhebliche Baumängel auf. Chipperfield werde für "zeitlos modernes Design geehrt, das sich der Klimadringlichkeit stellt, soziale Beziehungen verändert und Städte neu belebt", begründete die Pritzker-Preis-Jury ihre Wahl bei der Bekanntgabe im März.

Im Gespräch mit der DW betont der Preisträger die gesellschaftliche Verantwortung seiner Branche: "Architektur nimmt Land, Ressourcen, Energie. Aber was gibt sie?" Nachhaltigkeit habe in der Architektur zu lange eine untergeordnete Rolle gespielt.

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Stiftung in Galicien soll Umwelt schützen helfen

2017 gründete Chipperfield im nordspanischen Santiago de Compostela die gemeinnützige Fundación RIA, eine Stiftung, die durch planerische Steuerung Bauen und Umwelt in Einklang bringen will. Es spare Energie, Bestandsgebäude nicht für Neubau abzureißen, sondern zu erhalten, sagt Chipperfield im DW-Gespräch. Damit steht er in der Tradition anderer Pritzker-Preisträgerinnen und -Preisträger wie etwa dem französischen Architekturbüro Lacaton & Vassal.

Architektur dürfe nicht nur auf eine schönere Welt hinarbeiten, sondern müsse sie auch gerechter und nachhaltiger machen, sagt Chipperfield: "Der Moment ist gekommen, in dem wir nachdenken müssen, wie wir leben wollen, wie die Gesellschaft einmal aussehen soll."

 

Autor Torsten Landsberg

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David Chipperfield: Der Architekt des Minimalismus

Der britische Architekt und Spezialist für Museumsbau David Chipperfield wurde bereits mit zahlreichen internationalen Auszeichnungen gewürdigt. Wir werfen einen Blick auf seine spannendsten Bauwerke.

 

Die kleine Akropolis

Im Juni 2006 wurde das Literaturmuseum der Moderne in Marbach eröffnet. Elegante Motive der klassischen Architektur werden von Chipperfield fließend mit zeitgenössischer Formsprache verwoben. Das Museum spielt mit Ansicht und Aussicht, Tageslicht und Kunstlicht und bietet den optimalen Raum für die Ausstellung empfindlicher Papierexponate.

 

Behutsames Weiterbauen

2003 begannen die Wiederaufbau- und Sanierungsarbeiten des Neuen Museums in Berlin nach den Plänen Chipperfields. Zusammen mit dem Architekten Julian Harrap entwickelte der Brite das Konzept der "ergänzenden Wiederherstellung", bei der die Originalsubstanz bewahrt wurde. Das Museum, das im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt wurde, war über Jahrzehnte geschlossen, bis es 2009 wiedereröffnete.

 

Schlichte Moderne im Ruhrgebiet

2010 eröffnete das Folkwang Museum in Essen den sechs Pavillons umfassenden Neubau David Chipperfields, der den denkmalgeschützten Altbau ergänzt. Der kubische Baukörper mit der riesigen blassgrünen Front aus recyceltem Glas strahlt gelassene Ruhe aus.

 

Malerischer Seeblick

Abseits der Metropolen, in Margate an der Küste von Kent im Südosten Englands, eröffnete 2011 das Turner Contemporary. Die Kunstgalerie spielt eine Schlüsselrolle bei der Revitalisierung der Stadt: Das einst pulsierende Seebad musste einen starken Besucher-Rückgang und sinkende Investitionen hinnehmen. Die Präsenz des Gebäudes soll das Stadtbild nachhaltig prägen und neue Besucher anlocken.

 

Verschachtelter Betonbau

Im englischen Wakefield wurde 2012 im Rahmen eines innerstädtischen Entwicklungsprojektes das alte Hafenquartier umgestaltet und mit einem Museumsneubau David Chipperfields ergänzt. Das verschachtelte Gebäude am Ufer des Flusses Calder ist auf zwei Seiten von Wasser umgeben und besteht aus zehn unterschiedlich großen, trapezförmigen Betonhexaedern.

 

Strahlend weiße Landmarke

"Veles e Vents" - Segel und Wind - so nennt sich das Gebäude im Hafen der spanischen Stadt Valencia, das anlässlich des wohl bedeutendsten Segelrennens der Welt, dem "America's Cup", im Jahr 2006 errichtet wurde. Das Besondere: Die übereinander liegenden Terrassen wurden so konzipiert, dass es von jedem Punkt aus freie Sicht auf das Meer gibt.

 

Luftiges Kulturzentrum

Dort, wo einst Industriearbeiter werkten, vereint das Museo delle Culture "MUDEC" in Mailand seit Anfang 2015 das Archäologische Museum, eine Marionetten-Werkstatt, eine Filmschule sowie ein Zentrum für außereuropäische Kulturen. Als Highlight des titanverzinkten, sachlichen Mueseumsneubaus gilt der verglaste Innenhof, um den herum sich die Ausstellungsräume öffnen.

 

Schloss für moderne Kunst

Das Museo Jumex in Mexiko City ist seit 2014 das Zuhause von über 2000 Exponaten von internationalen, mexikanischen und lateinamerikanischen Künstlern. Der Fokus der im Jahr 2001 gegründeten Privatsammlung von Eugenio López liegt auf zeitgenössischer Kunst. Der Museumsbau fußt auf 14 Stützen, wodurch die umgebende öffentliche Plaza mit dem Erdgeschoss verschmilzt.

 

James-Simon-Galerie

Die James-Simon-Galerie ist das Herzstück der Berliner Museumsinsel und der direkte Zugang zum Pergamonmuseum und zum Neuen Museum. Federführend war das Berliner Büro von David Chipperfield Architects, die Bauphase dauerte zehn jahre. "Das Aufregende und Schwierige an dem Projekt war, zu verstehen, was es sein sollte", erklärte Chipperfield zur Eröffnung 2019.

 

Autorin Isabel Surges

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