Rheingau Musik Festival: Aufbruchstimmung nach gelungenem Fest

6 Sep

Endlich wieder mit großem Orchester spielen: Zum Abschluss des 35. Rheingau Musik Festivals erklangen in den Mauern von Kloster Eberbach ein letztes Mal gewaltige Festival-Klänge. 

 

Die Bamberger Symphoniker spielten unter Christoph Eschenbach Anton Bruckners 8. Sinfonie in c-Moll in voller Besetzung. Ein raumgreifendes Werk von 80 Minuten Länge, bei dem das Orchester sein ganzes Können unter Beweis stellte - von kraftvollen Tutti bis hin zu leisen und zarten Tönen, besonders bei den Holzbläsern und Streichern.

"Wir haben noch nie erlebt, dass so viele Menschen zu uns gekommen sind und sich persönlich bedankt haben für die schönen Konzerte", sagte Michel Herrmann, Gründer und Leiter des Rheingau Musik Festivals, in seiner Konzertansprache. Wegen der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie hatten viele Klassik-Musikfestivals im vergangenen Jahr überwiegend Kammermusik oder Orchesterwerke in kleinerer Besetzung geboten. Mit einer Auslastung von 94 Prozent sei das Rheingau Musik Festival vom Auftakt am 25. Juni bis zum Abschlusskonzert am 3. September in diesem Jahr außergewöhnlich gut besucht worden, sagte Geschäftsführer Marsilius von Ingelheim der DW, es habe eine regelrechte Aufbruchstimmung gegeben.

Eines der größten Festivals dieser Art in Europa

Das Festival wurde 1987 von Michal Herrmann als klassisches Musikfestival gegründet. Im Laufe der Zeit kamen Jazz-, Pop- und Rockmusik hinzu. Zweieinhalb Monate lang 134 Konzerte an 25 Spielstätten in Wiesbaden und den Weinregionen der Umgebung mit 127.000 Besuchern, das macht das Rheingau Musik Festival zu einem der größten dieser Art in Europa.


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Die Bamberger Symphoniker gehören mit ihrem warmen satten Klang zu den deutschen Traditionsorchestern. Sie waren schon in den Anfangsjahren des Festivals dabei. Auch international bekannte Interpretinnen und Interpreten sind im Rheingau quasi "Stammgäste", etwa der Tenor Jonas Kaufmann oder die Star-Geigerin Anne-Sophie Mutter.

Mutter spielte am Vorabend des Schlusskonzertes Beethovens Violinsonate, gemeinsam mit dem Pittsburgh Symphony Orchestra im Wiesbadener Kurhaus. Die Musikerinnen und Musiker konnten lange Zeit nicht auf Tournee gehen, da die Corona-Pandemie auch in den USA das Konzertleben eingeschränkt und über weite Strecken zum Erliegen gebracht hatte.

Star-Geigerin Anne-Sophie Mutter spielte Beethoven

Beim ausgefeilten Spiel des amerikanischen Profi-Orchesters unter der Leitung ihres Chefdirigenten Manfred Honeck saß jeder Ton. Die weltbekannte Geigerin Anne-Sophie Mutter spielte mit einer atemberaubenden technischen Perfektion und gestaltete hingebungsvoll ihre Soloparts. Standing Ovations und ein nicht enden wollender Applaus trotzten den Musikern noch einige Zugaben ab.

Doch nicht nur Stars wie Anne-Sophie Mutter, der Pianist Daniil Trifonov oder die Dirigenten Paavo Järvi und Christoph Eschenbach füllten beim Rheingau Musik Festival die Säle. Auch die Konzerte junger Nachwuchstalente waren überdurchschnittlich gut besucht. "Man spürte diese Euphorie, diese Lust und Neugier der Besucher, auch Dinge neu zu entdecken", sagte Marsilius von Ingelheim im Gespräch mit der DW.

Auch junge Künstler füllten die Säle

Unterstützt werden vom Festival junge Interpreten und Interpretinnen, die in ihren Heimatländern bereits erste Karriereschritte gemacht haben - so wie die erst 15 Jahre alte russische Pianistin Alexandra Dovgan. Den ersten Klavierwettbewerb gewann sie mit fünf und galt fortan in ihrer Heimat als Wunderkind. Beim Festival begeisterte sie mit ihrem natürlichen und virtuosen Klavierspiel. "Auch der junge Kanadier Bruce Liu, Preisträger des renommierten Chopinwettbewerbs hat in diesem Jahr bei uns debütiert und vor vollem Haus gespielt", sagte von Ingelheim. "Da lohnt es sich Arbeit reinzustecken, weil es keine Konzerte von der Stange sind."

Die "Filarmónica Joven de Columbia", das junge Philharmonie-Orchester aus Kolumbien, debütierte 2017 auf ihrer ersten Europa-Tournee im Rheingau. In diesem Jahr präsentierte das Orchester unter Andrés Orozco-Estrada gleich zwei Konzerte - in einer "Kolumbianischen Nacht" vor begeistertem Publikum. Im Jazzbereich spielte der schwedische Jazzmusiker Nils Landgren zusammen mit dem "Landesjugendjazzorchester Hessen" auf einem Pferdegestüt. "Da hat der Altmeister des Jazz an der Posaune die junge Garde getroffen und war begeistert", erzählte von Ingelheim. "Die haben sich gegenseitig gepusht und sowas reißt das Publikum mit."

Benefizkonzert für junge Künstler

Jedes Jahr stehen beim Rheingau Musik Festival auch renommierte junge Künstler besonders im Fokus und geben mehrere Konzerte. Im Jazzbereich war es der Schlagzeuger Wolfgang Haffner, im Bereich der Klassik traten die Geigerin Julia Fischer und der kanadische Pianist mit polnischen Wurzeln, Jan Lisiecki, als Fokus-Künstler auf. Sowohl Julia Fischer als auch Jan Lisiecki kümmern sich selbst bereits um den musikalischen Nachwuchs.

Julia Fischer, die aus einer Lehrerfamilie stammt, gründete 2019 die "Kindersinfoniker". Seit 2006 lehrt sie, als damals jüngste Professorin Deutschlands, an der Frankfurter Musikhochschule. "Es liegt wohl in den Genen, dass alle aus der Familie ihr Wissen weitergeben wollen, auch wenn wir manchmal gar nicht danach gefragt werden", erzählte sie mit einem Augenzwinkern im Interview mit der DW.

Jan Lisiecki ist seit 2012 UNICEF-Botschafter. Zum Ende des Festivals begeisterte er in einem Benefizkonzert mit einem Chopin-Abend. Das Geld aus der Veranstaltung wird Nachwuchskünstlerinnen und -künstlern zugutekommen. Wie bei Julia Fischer begann auch Lisiecki seine Karriere schon in jungen Jahren. "Jan Lisiecki ist das erste Mal vor knapp 10 Jahren bei uns im Rheingau aufgetreten, da war er 17 Jahre alt", erzählte Marsilius von Ingelheim. "Seine Karriere haben wir schon sehr früh mitgefördert." Dafür bedankte sich Lisiecki und bezeichnete den Rheingau bei seinem Benefizkonzert als seine "zweite Heimat".

 

Autorin Gaby Reucher

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