Tutanchamun, der berühmteste Pharao der Welt

5 Nov

Sechs Jahre lang hatte der Archäologe Howard Carter auf der Suche nach Tutanchamuns Grab vergeblich den Wüstensand im ägyptischen "Tal der Könige" umgegraben. 

 

Sein Financier, Lord Carnarvon, wurde ungeduldig, einen Versuch gestand er Carter noch zu. Dann stieß ein einheimischer Junge namens Hussein Abd el-Rassul, der den Arbeitern Wasser brachte, auf eine Steinstufe unter dem Geröll. Man schrieb den 4. November 1922. Carter selbst erzählte später gern die Geschichte, der Knabe habe den Archäologen aus Europa nacheifern wollen und deshalb mit einem Stock herumgestochert. Dabei sei er auf die Steinfläche gestoßen.

"Können Sie etwas sehen?" -"Wundervolle Dinge" 

Das Grabungsteam kannte kein Halten mehr. 16 Stufen insgesamt legten sie frei und fanden dabei auch zwei Siegel mit dem Königszeichen Tutanchamuns. Doch erst, als Lord Carnarvon aus England eingetroffen war, öffnete Carter am 26. November die Vorkammer des Grabes. "Können Sie etwas sehen?", soll der Lord, der im dunklen Gang stand, gefragt haben. "Ja, wundervolle Dinge", antwortete ihm Carter.


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Die Männer waren auf unermessliche Schätze gestoßen, die seit über 3000 Jahren kein menschliches Auge mehr gesehen hatte. "Wir hatten den Eindruck, in den Requisitenraum der Oper einer verschwundenen Zivilisation zu schauen", schilderte Carter später seine ersten Eindrücke. "Einzelheiten aus dem Innern der Kammer tauchten langsam aus dem Nebel auf, seltsame Tiere, Statuen, Gold, überall schimmerndes Gold." 

Hype um den Pharao

Der Sensationsfund sprach sich schnell herum und löste eine weltweite "Ägyptomanie" aus. "Architekten erschufen Fassaden im ägyptischen Stil, Damenhandtaschen, Keksdosen und Saftflaschen trugen das unverwechselbare Symbol der vergoldeten Königsmaske", schreibt Carter-Biograph Harry Victor Frederick Winstone. Selbst  'Tut-ench-Amun'-Blusen seien zu kaufen gewesen, während der Autohersteller General Motors seinen Kunden ein Gefährt in der Form eines pharaonischen Geschosses anpries.

Im Tal der Könige selbst drängten sich die Schaulustigen an der Grabungsstelle: Einheimische und Touristen aus aller Welt wollten einen Blick auf die Schätze der Antike erhaschen und womöglich ein Souvenir ergattern. Carter und sein Team hatten Mühe, die Menschen in Schach zu halten. 

Der Totengott Anubis bewachte das Grab

Zehn Jahre lang katalogisierten der britische Archäologe und seine Helfer akribisch jede Grabbeigabe. Jedes einzelne Stück wurde fotografiert und verpackt, größere Exponate wurden mit einer kleinen Feldbahn zum Nil transportiert und dort auf Schiffe verladen. Die wichtigsten Fundstücke befinden sich heute im Ägyptischen Museum in Kairo sowie in Luxor.

Das berühmteste der rund 5400 gefundenen Objekte ist bis heute die elf Kilogramm schwere blau-goldene Totenmaske des Pharaos. Carter fand sie in der Sargkammer. Umhüllt von vier Schreinen aus vergoldetem Holz, einem Steinsarkophag und drei ineinander gestellten Särgen in Mumienform, lag der einbalsamierte Pharao in einem 225 Kilo schweren Sarg aus purem Gold. Die Totenmaske bedeckte sein Gesicht.   

In einer weiteren Schatzkammer bewachte eine Statue des ägyptischen Gottes der Toten, Anubis, einen Schrein mit Tutanchamuns Eingeweiden.

Gebrechlicher Kindkönig der 18. Dynastie 

Tutanchamun war der Sohn des Pharaos Echnaton. Nofretete war nicht seine Mutter, wie fälschlicherweise oft behauptet wird - sie war zwar die Hauptfrau Echnatons, der Kinderpharao aber das Kind einer Nebenfrau, offenbar seiner Schwester. Bereits mit acht Jahren bestieg Tutanchamun den Thron. Zunächst hieß er Tutanchaton - etwa: "lebendes Abbild des Aton"-, denn bei seiner Geburt wurde noch der Gott Aton verehrt. Als die Priesterschaft später den Gott Amun anbetete, änderte er seinen Namen in Tutanchamun.

Der Kindkönig der 18. Dynastie des Neuen Reichs starb 1323 v. Chr. im Alter von gerade mal 18 oder 19 Jahren. Untersuchungen der Mumie deuten darauf hin, dass Tutanchamun bei einem Unfall ums Leben kam – eindeutig belegt ist das nicht. Offenbar war der junge Pharao allerdings zu Lebzeiten recht gebrechlich. Ein Team von Wissenschaftlern aus Tübingen, Kairo und Bozen hat schon vor Jahren herausgefunden, dass er an einer schweren Knochenkrankheit und Malaria litt, außerdem an genetisch bedingten Missbildungen wie einer Gaumenspalte und einem Klumpfuß. 

Der Fluch des Pharao

Zu Lebzeiten war Tutanchamun kein mächtiger Pharao, heute kennt die ganze Welt seinen Namen. KV62, so lautet die wissenschaftliche Bezeichnung für sein Grab (wobei KV für King's Valley steht), ist bis heute ein Touristenmagnet. Denn anders als die Grabbeigaben ruht der Sarkophag mit dem mumifizierten Leichnam des Pharaos weiterhin in der Grabkammer. An deren Wänden illustrieren prächtige Malereien Leben und Tod Tutanchamuns.

Bis heute geistert die Geschichte vom "Fluch des Pharaos", mit dem dieser sein Grab gegen Eindringlinge schützte, durch die Welt. Denn kurz nach der Öffnung der Kammern kam Carters Auftraggeber Lord Carnavon ums Leben, weitere mysteriöse Todesfälle im Umfeld des Archäologen folgten. Das schürte die Medienhysterie noch weiter an, auch wenn Carter den angeblichen Fluch als "absoluten Quatsch" bezeichnete. 

Keine Ruhe für Tutanchamun 

Nachdem er über 3000 Jahre unentdeckt und unversehrt blieb, setzte der Touristenandrang Tutanchamun nach seiner Entdeckung sichtlich zu. Denn im Laufe der Jahre forderte die Kombination aus Staub, Feuchtigkeitsschwankungen und Besuchern, die in die winzige Kammer kamen, ihren Tribut.

Zwar schützt heutzutage ein Plexiglas-Deckel den Sarkophag gegen Witterungseinflüsse und vor Zersetzung, trotzdem war dringend Handlungsbedarf nötig. Und so machte sich 2009 ein 25-köpfiges Restauratoren-Team an die Arbeit, um die bereits entstandenen Schäden an der Grabanlage zu beheben und Maßnahmen zu treffen, um zukünftig weitere Schäden zu vermeiden. 2021 wurden die Arbeiten abgeschlossen: Die alten Wandmalereien erstrahlen in neuem Glanz; neue Absperrungen, ein ausgeklügeltes Lüftungssystem und eine neue Besucherplattform wurden installiert. 

Zahi Hawass, der frühere Generalsekretär der ägyptischen Altertümerverwaltung, hatte das Restaurationsprojekt angestoßen. Er fordert bis heute, die Besucherzahlen am Grab massiv zu beschränken. "Wenn wir hier weiter Massentourismus zulassen, wird das Grab keine 500 Jahre mehr überstehen", warnt er und schlägt vor, in der Nähe des echten Grabes eine identische Kopie zu bauen. "Wir müssen an die Zukunft denken", betont Hawass. "Sonst wird es irgendwann kein Tal der Könige mehr geben."

Museumseröffnung verschiebt sich 

Eigentlich sollte die Entdeckung des Grabes von Tutanachamun am 4. November groß im neuen Grand Egyptian Museum - kurz GEM - gefeiert werden. Am symbolträchtigen Datum wollten die Ägypter den gigantischen Bau mit einer Fläche von über 40.000 Quadratmetern eröffnen, doch daraus wird wohl nichts. Jetzt soll das GEM erst 2023 seine Pforten öffnen. Das größte archäologische Museum der Welt steht in Kairo, in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Pyramiden von Gizeh.

Erstmals sollen hier alle 5400 Objekte aus Tutanchamuns Grab gemeinsam ausgestellt werden - neben unzähligen weiteren antiken Exponaten, die teilweise noch nie zu sehen waren. Bisher befand sich der größte Teil im völlig überfüllten Ägyptischen Museum am Tahir-Platz im Zentrum Kairos.

Eine riesige, mehr als 3000 Jahre alte Statue von Ramses II. wartet schon vor Ort, sie wird die Besucherinnen und Besucher zukünftig im Museum begrüßen. Tutanchamuns Mumie aber wird hier nicht einziehen. Er ruht auch weiter in seiner Grabkammer - seit über 3200 Jahren.

 

Autorin Suzanne Cords (mit dpa)

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