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Östro 430

ACHTUNG! Unter allen, die leibhaftig zum Östro 430-Konzert kommen, verlosen wir Xao Seffcheques grandiosen Parodie-´Sampler´ mit liebevollem Gesellschaftsspiel erschienen bei Blitzkrieg Pop. Gründe Bands, schneid Dir die Haare, wechsel Deine Freunde wie andere das Hemd,... 40x40cm Spielfläche, 400 Spielkarten, 17 Holzspielfiguren, 2 Würfel, Anleitung; dazu Joost Renders großartige Linernotes. Fulllength CD+Booklet+Boardgame in Box; numbered Die Losziehung findet live nach dem Konzert auf der Bühne des Nachtlebens statt. Campino im Oktober 2019 über Östro 430: Es war eine wilde Zeit in Düsseldorf, Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre. Ein besonderer Schlüsselmoment fiel auf einen Donnerstag, den 9.11.1978. Im Ratinger Hof spielte zum allerersten Mal eine Band aus dem von uns so bewunderten England: die Londoner Kultgruppe Wire! Zwei zusammengeschobene Billardtische dienten als Bühne, die Eintrittskarten waren mit Stempel versehene Bierdeckel. Jeder, aber auch wirklich jeder aus der Düsseldorfer Punkszene war an diesem Abend dabei. Und alle hatten dasselbe Gefühl: Hier passiert heute etwas ganz Großes! Bei diesem Konzert bin ich Martina von den späteren Östro 430 zum ersten Mal bewusst begegnet. Der Ratinger Hof platzte aus allen Nähten, wir waren wie Sardinen in der Dose aneinandergeklemmt. Ein Pogo tanzender Mob, der ständig hinfiel und sich gegenseitig wieder hochhalf. Unmittelbar vor mir: Martina in ihrem blau-weißen Ringel-T-Shirt. So lernten wir uns zwangsläufig in einer der vielleicht besten Nächte kennen, die der Hof je erlebt hat. Aber es ist immer so: Man blickt zurück in die Vergangenheit und wird sich erst durch die zeitliche Distanz darüber klar, was damals eigentlich passiert ist und welche Bedeutung die Geschehnisse für die Geschichte hatten. Zu der Zeit, als wir mittendrin im Strudel waren, war uns das alles nicht bewusst und wahrscheinlich auch egal. Für eine kurze Periode, von 1977 bis 1982, war Düsseldorf der perfekte Ort. Künstler und Punks trafen im Ratinger Hof aufeinander, hatten ein gemeinsames Zuhause und inspirierten sich gegenseitig. Alles war im Aufbruch, alles möglich. Imi Knoebel, Jörg Immendorf, Blinky Palermo und viele andere kehrten ein und aus, genau wie die Jungs von Male, S.Y.P.H. und Mittagspause; Letztere hatten im Hof sogar ihren Proberaum. Es war die Offenheit dieser Szene, die eine riesige Bandbreite – sowohl in der Musik als auch bei den Texten – erlaubte und in der sich trotzdem alle als Teil derselben gemeinsamen Bewegung fühlten. Der Plan, DAF, der KFC und wie sie alle hießen. In diesem Umfeld hatten Östro 430 ihren festen Platz. 1979 gegründet, gehörten sie zum zweiten Schwung an Bands der hiesigen Punkszene. Dass sie eine Punkband waren, daran gab es keinen Zweifel, auch aus ihrem Selbstverständnis heraus. Ihren ersten Auftritt hatten sie am 3. Mai 1980 im Okie Dokie in Neuss auf dem sogenannten „Schmier“-Festival. Das „Schmier“ war ein Punk-Fanzine, das nichts mit der „Neuen Deutschen Welle“ zu tun haben wollte. Das war auch an den auftretenden Bands zu erkennen: Der KFC, EA80, die Clox aus Dortmund, VD und wir von ZK waren unter anderem dabei. Es war ein lustiger, chaotischer Abend, und Östro haben ihre Sache gut gemacht inmitten der meist erfahreneren Bands. Sie waren auf eine gute Art selbstsicher und frech und hatten so eine Power, dass es gar keine E-Gitarren brauchte, um die Kids zum Pogen zu bringen. Vier junge Frauen standen auf der Bühne und ballerten einfach los. An diesem Abend sind sie wohl den Fehlfarben aufgefallen, die sie daraufhin einluden, mit ihnen zusammen auf Tournee zu gehen. So wurden Östro 430 sehr schnell überregional bekannt. Die Besetzung alleine war schon auffällig: keine Gitarren, dafür Saxophon, Keyboard, Bass und Schlagzeug. Diese Kombination ergab einen völlig eigenen Sound, fernab von jedem Klischee. Dass die Band nur aus Frauen bestand, war zu der damaligen Zeit eine Besonderheit, selbst in der Punkszene. Aus Zürich kam die Band Kleenex, in Berlin gab es Malaria, in London natürlich die genialen Slits und die Raincoats, aber dann wurde es auch schon eng. Die Tatsache, eine reine Frauenband zu sein, hatte teilweise Vorteile, aber auch krasse Nachteile. Östro wurden zwar viel häufiger für Konzerte gebucht als manch andere männliche Band aus der Szene, aber es gab dabei auch irre Missverständnisse: Frauenbuchläden und Lesben-Cafés buchten sie in der Annahme eine Feministinnengruppe präsentieren zu können, und kamen dann mit der Punk-Attitüde von Martina & Co. so gar nicht klar. Das hatte man sich anders vorgestellt. Noch schlimmer aber war das Publikum zum Beispiel beim Auftritt im Vorprogramm der Jürgen-Zeltinger-Band. Dumpfe Pöbeleien wie „Ausziehen, ausziehen“ waren Standard-Repertoire, aber Martina hatte immer das letzte Wort: „Kannst du haben! Aber erst zeigst du selbst mal, was du hast!“ war noch eines ihrer Friedensangebote, sie konnte definitiv auch anders. Die Mädchen waren ohnehin einen rauen Umgangston gewohnt; sie probten in Düsseldorf im Bunker vom Kirchplatz, zusammen in einem Raum mit den Jungs von VD, den Street-Punks der Szene. Im Nebenraum probte der KFC, regelmäßig fanden dort exzessive Partys statt – da durfte man nicht zimperlich sein. Wenn ich ihre alten Platten heute höre, fällt mir auf, welche Vorreiterrolle für die heutige Gleichberechtigungsdebatte sie damals eigentlich innehatten. Sie waren mutig und provokativ und eine absolute Bereicherung nicht nur für Düsseldorf, sondern für die ganze (überwiegend von Männern dominierte) deutsche Musikszene. Ich bin froh, aus demselben „Sumpf“ wie Östro 430 zu kommen und sie ein Stück ihres Weges begleitet zu haben. Ein letzter Gedanke: Neulich hat mich Koljah, ein Rapper der Antilopen Gang, zu Hause besucht, und ich wollte unbedingt wissen, was er als 1980 noch gar nicht geborener Textspezialist heute zu den Liedern von Östro 430 sagt, sozusagen als unvoreingenommener Sachverständiger. Ich zitiere: „Da ist ja alles voll von Slogans, die man auf T-Shirts drucken könnte! Vor allem finde ich bemerkenswert, wie offensiv und explizit es immer wieder um Sexualität aus der weiblichen Perspektive geht. Martina Weith hält nicht viel von blumiger Sprache, nimmt kein Blatt vor den Mund, und indem sie mit einer unverschämten Lässigkeit und Selbstverständlichkeit über ihre sexuelle Selbstbestimmung singt, betreibt sie gewissermaßen Feminismus, ohne sich Feminismus auf die Fahnen schreiben zu müssen oder zu wollen. Das kommt cool rüber, und es fehlt jegliches Anzeichen dieses biederen Beigeschmacks, der sich schnell ergibt, wenn dogmatisch versucht wird, sich an einer bestimmten politischen Thematik abzuarbeiten.“ Ich wünschte, so ein Statement würde irgendwann einmal jemand über die Toten Hosen abgeben.

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Source: reservix.de

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